Übersetzungen von Buchtiteln - Wie seht ihr das?
Kürzlich habe ich die grandiose Trilogie “Die Tribute von Panem” gelesen. Das hat mich dazu inspiriert, mich ein wenig mit Buchtiteln und deren Übersetzung ins Deutsche auseinanderzusetzen. Obwohl die Panem-Bücher toll sind, gefallen mir ihre deutschen Titel eher weniger. Ich finde die Originaltitel weit treffender (genau wie die Originalcover).
Der erste Titel “Tödliche Spiele” ist noch okay, obwohl er auch für einen mittelmäßigen Thriller passen würde. Immerhin blieb auch wenigstens ein Wort aus dem Originaltitel “The Hunger Games” erhalten. “Gefährliche Liebe” und “Flammender Zorn” finde ich hingegen unnötig reißerisch. Die englischen Titel “Catching Fire” (Feuer fangen) und “Mockingjay” (Spotttölpel) greifen wesentliche Aspekte der Handlung auf. “Spotttölpel” wäre vielleicht ein etwas ungewöhnlicher deutscher Titel, aber jeder der Band 1 und 2 bereits gelesen hat, würde genau wissen, wofür er steht. “Feuer fangen” hat im Deutschen genau die gleiche Mehrdeutigkeit wie im Englischen und ist außerdem eine nette Alliteration.
Viele Buchtitel wurden ja (mehr oder weniger) wörtlich ins Deutsche übersetzt, wie z.B. die Harry Potter Bücher oder die Herr der Ringe Bände. Doch andere Bücher erhalten komplett neue Titel, die mit der Originalversion überhaupt nicht übereinstimmen. Über Sinn und Unsinn dieser Sitte wurde bereits vielerorts geschrieben und diskutiert. Manchmal hat die Umbenennung ganz praktische Gründe wie die “Unübersetzbarkeit” bestimmter Sprichwörter oder Doppeldeutigkeiten. Oft spielen jedoch auch Marketingüberlegungen eine Rolle oder die Verantwortlichen im Verlag hatten einfach einen kreativen Tag. Das (hör)Bücher-Magazin äußerte sich weitgehend positiv zur Strategie der Umbenennung und ich stimme ihnen zu, dass Irvings “Gottes Werk und Teufels Beitrag” tatsächlich besser klingt als “Die Regeln der Mosterei” (The Cider House Rules).
Gerade im Bereich der Fantasy-Literatur stößt man jedoch immer wieder auf Titel, deren völlige Unabhängigkeit vom Original nur schwer nachzuvollziehen ist. So ging beispielsweise in Tamora Pierce' “Wild Magic” im deutschen “Kampf um Tortall” die Magie verloren, während sie bei Kathleen Dueys “Die Gabe der Magie” (“Skin Hunger”) besonders betont werden muss. Dabei hätte ich eine deutsche Übersetzung für “Skin Hunger” echt interessant gefunden. Seltsam ist auch, wenn innerhalb einer Serie einige Titel wörtlich übersetzt, andere aber neu betitelt werden. Das ist z.B. in George R.R. Martins “Lied von Eis und Feuer” der Fall. Aus “A Game of Thrones” wurde so “Die Herren von Winterfell”, während “A Storm of Swords” “Sturm der Schwerter” bleiben durfte.
Der Gipfel der Verwirrung sind aber zweifellos neu erfundene deutsche Titel für alte erfundene deutsche Titel für ein und denselben englischen Titel (….ja, genau...). Dies geschah z.B. Bei der Neuauflage der Drizzt-Bücher “Die Saga vom Dunkelelf” von R.A. Salvatore. Die ursprünglich dreiteilige Reihe “The Dark Elf Trilogy” mit den schönen, prägnanten Titeln “Homeland”, “Exile” und “Sojourn” erschien in Deutschland zunächst in sechs Bänden, deren Titel von “Der dritte Sohn” bis hin zu “Der Hüter des Waldes” nichts mit den Originalen zu tun hatten. Die deutsche Neuauflage “Die Legende von Drizzt” von 2010 hält sich zwar inhaltlich ans Original und erschien auch in drei Bänden, folgt aber in der Titelgebung (“Die Dunkelelfen”, “Die Rache der Dunkelelfen”, “Der Fluch der Dunkelelfen”) weder dem Original noch der alten deutschen Version. Da wird wohl der eine oder andere Leser einen unbeabsichtlichen Doppelkauf getätigt haben...
Was ist eure Meinung zu dem Thema? Welche deutschen/englischen Titel mögt ihr? Welche nicht? Wo hättet ihr euch eine andere Übersetzung gewünscht?
Weiterführende Links zum Thema:
Blogeintrag über die deutschen Titel von Stephen King-Romanen – es muss nicht immer kurz sein
Steflites “Peinlichkeiten bei Buchtitelübersetzungen – mit vielen Beispielen aus dem Bereich der Liebesromane
Moviepilots Abhandlung zur Übersetzung von Filmtiteln – Schlimmer geht's immer
Kommentare
Ich sehe das so: Während jemandem, der das Original kennt, eine direkte Übersetzung des Titels vielleicht besser gefallen mag, ist das beim normalen Buchkäufer, der ein Buch ohne Vorwissen sieht, eben nicht so. Primäres Ziel bei der Benennung von übersetzen Büchern ist ja nicht, das Original möglichst genau wiederzuegeben, sondern etwas zu finden, was auf dem entsprechenden Markt mehr Leser anspricht.
Viele Titel funktionieren großartig im Englischen, klingen im Deutschen aber einfach nur ungelenk oder sind sogar irreführend, weil ein bestimmtes Wort in der Übersetzung vielleicht härter wirkt oder es andere Titelkonventionen gibt und man unter einer bestimmten Art von Titel etwas anderes erwartet.
Wir, als Leute, die sich viel mit Büchern befassen und oft die Originale kennen, haben oft einen ganz anderen Blick auf die Dinge, als der Durchschnittsbuchkäufer. Aber genau an den müssen sich die Verlage primär wenden, um ihre Bücher an den Mann zu bringen. Ein Buch, das der Verlag nicht verkaufen kann, dem hilft auch der originalgetreu übersetzte Titel nichts.
Insofern: Ja, übersetzte Bücher brauchen meistens andere Titel. Manchmal greifen Verlage daneben, das stimmt, aber das spricht ja nicht generell gegen die Neubenennung von Büchern.
Hi Nija,
danke für deinen ausführlichen Kommentar.
Ich sehe durchaus die Notwendigkeit ein, einen Buchtitel an den heimischen Markt anzupassen (und natürlich auch das Cover). Dass man sich dabei dann am Durchschnittskäufer orientiert ist auch klar.
Manchmal finde ich auch den deutschen Titel eines Buches schöner als den englischen.
Ich bin nicht generell gegen eine Neubenennung von Büchern, ich vergleiche nur gerne. Ich lese meistens auf deutsch und schau eigentlich immer vorne im Buch nach, wie der Originaltitel lautet. Das ist oft sehr interessant.
Neubenennungen können tatsächlich beides - gut und schlecht - sein. Ich sehe das übrigens ähnlich - wenn etwas unübersetzbar ist, dann ist es besser, den Titel dem deutschen Leser, aber auch der deutschen Kultur anzupassen. Was macht man aber mit Marketingstrategien? Da steht meiner Meinung nach das Visuelle viel mehr im Vordergrund. Außerdem muss man sich die Frage nach der richtigen Interpretation des Textes aus literärischer Sicht immer wieder stellen: was wollte der Autor genau mit dem Titel erzielen? Der reine Inhalt ist nicht immer das Wichtigste, viel mehr die Botschaft des Buches.
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